Blogbeitrag

Betriebsaufspaltung bei Nutzung des Wohnsitzes des Gesellschafters als Firmensitz? Ein komplexes steuerrechtliches Arrangement

In der modernen Geschäftswelt ist Flexibilität ein Schlüssel zum Erfolg. Manchmal verträgt sich diese Flexibilität aber nicht mit dem Steuerrecht. Besonders interessant wird es, wenn ein Gesellschafter einer Ein-Mann-Kapitalgesellschaft seinen Wohnsitz als Firmensitz seiner Kapitalgesellschaft, etwa einer Holding oder Beteiligungsgesellschaft, zur Verfügung stellt. Diese gängige Praxis wirft in der deutschen Steuerlandschaft besondere Fragen auf, vor allem im Kontext der Betriebsaufspaltung.

Woher kommt aktuell unser Interesse für dieses Thema? Uns flatterte ein Fragebogen für einen unseren Mandanten ins Haus, der nach einer Sitzverlegung an die Privatanschrift des Gesellschafters explizit nach dem Ort forscht, an dem die Geschäftsführung tatsächlich ausgeführt wird. Das Finanzamt interessiert mit dem Fragebogen, ob es örtlich zuständig ist. Scheinbar anderes Thema, aber das Ausfüllen muss wohl überlegt sein.

Grundlagen der Betriebsaufspaltung

Die Betriebsaufspaltung teilt ein unternehmerisches Projekt in zwei rechtlich selbstständige Einheiten: die Besitz- und die Betriebsgesellschaft.

Betriebsaufspaltung

Während die Besitzgesellschaft wesentliche Betriebsgrundlagen hält und diese an die Betriebsgesellschaft zur Nutzung überlässt, führt letztere den eigentlichen Geschäftsbetrieb. Eine solche Strukturierung hat weitreichende steuerliche Implikationen und ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, insbesondere an die sachliche und personelle Verflechtung.

Personelle Verflechtung ist immer dann gegeben, wenn eine Person oder einen Personengruppe ihren Willen in beiden Unternehmen durchsetzen kann.

Die sachliche Verflechtung setzt die Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage an die Betriebsgesellschaft voraus. Hierbei kommt es vor allem auf die funktionale Bedeutung der überlassenen Betriebsgrundlage für die Geschäftstätigkeit der Betriebsgesellschaft an. Auf eine entgeltliche Überlassung oder das zivilrechtliche Eigentum kommt es bei der derzeitigen Rechtsprechungsentwicklung nicht mehr an.

Wo steht das? Nicht im Gesetz, aber es ist jahrzehntelange gefestigte Rechtsprechung, die stetig in neuen Einzelfällen weiter entwickelt und nun auch das Thema Entgeltlichkeit der Überlassung in den Hintergrund rücken lässt.

Die Rolle des Wohnsitzes als Firmensitz

  1. Überlassung von fremdem Eigentum: Die Rechtsprechung zeigt, dass auch gemietete oder anderweitig zur Nutzung überlassene Immobilien als wesentliche Betriebsgrundlage dienen können. Die Eigentumsfrage tritt in den Hintergrund, solange die Immobilie eine zentrale Rolle im Geschäftsbetrieb spielt.
  2. Unentgeltliche Überlassung an die Kapitalgesellschaft: Interessant ist, dass die Überlassung der Betriebsstätte nicht zwingend entgeltlich erfolgen muss. Es genügt, wenn das Besitzunternehmen durch die Überlassung eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, etwa indem Kosten eingespart werden, die sonst an einen Dritten zu zahlen wären. Diese Ersparnisse können steuerlich als Gewinnerhöhung der Betriebsgesellschaft interpretiert werden, die letztendlich dem Gesellschafter und damit dem Besitzunternehmer in Form von höheren Gewinnausschüttungen wieder zu Gute kommen.
  3. Wesentliche Betriebsgrundlage: Die Nutzung eines Wohnsitzes als Firmensitz stellt eine wesentliche Betriebsgrundlage dar, wenn sie für den Betriebszweck unabdingbar ist. Allerdings reicht eine reine Anschrift ohne signifikante geschäftliche Nutzung in der Regel nicht aus, um als wesentliche Betriebsgrundlage anerkannt zu werden. So muss z.B. ein häusliches Arbeitszimmer, das als Firmensitz dient, funktional entscheidend für den Betrieb sein und darf nicht nur einen geringfügigen Teil der gesamten Geschäftsfläche ausmachen. Sollte aber die gesamt Geschäftsleitung aus dem häuslichen Arbeitszimmer heraus vorgenommen werden und mangels tatsächlichem Geschäftsbetrieb keine weiteren Flächen benötigt werden, scheint diese Voraussetzung gerade bei Vermögensverwaltungen in Holdingstrukturen oder bei Immobilien-GmbHs recht leicht erfüllt zu sein. Ein Urteil, dass explizit auf diese Unternehmen eingeht, existiert (noch) nicht. Wir werden sehen, wie die Finanzverwaltung mit den Urteilen in der Praxis umgehen wird.

Steuerliche Konsequenzen

Die Einrichtung eines Firmensitzes im Wohnsitz des Gesellschafters und die daraus unter den zuvor genannten Voraussetzungen resultierende Betriebsaufspaltung führen zu einer Einstufung der Einkünfte des Besitzunternehmers als gewerblich. Dies hat eine Reihe von steuerlichen Konsequenzen, unter anderem:

Bei Entstehung der Betriebsaufspaltung

  • Aktivierungspflicht: Entgeltlich überlassene Immobilienteile, die im eigenen Eigentum stehen und nicht unter die Geringfügigkeitsgrenzen fallen, sind zu aktivieren. Sie sind für die Zukunft steuerverhaftet. Die 10-Jahresfrist für private Grundstücksveräußerungen kommt für diesen Gebäudeteil nicht mehr zum Tragen. Zudem werden GmbH-Anteile an der Betriebsgesellschaft Betriebsvermögen.
  • Gewerbesteuerpflicht: Eine Betriebsaufspaltung führt dazu, dass die Einkünfte der Besitzgesellschaft als gewerblich eingestuft werden und somit der Gewerbesteuer unterliegen. Dies kann bei entsprechenden Einkünften und Hebesätzen zu einer zusätzlichen Steuerbelastung führen.
  • Komplexität und Verwaltungsaufwand: Die Einrichtung und Verwaltung einer Betriebsaufspaltung erfordert oft einen erheblichen administrativen Aufwand. Dies umfasst die Dokumentation der geschäftlichen Beziehungen zwischen der Besitz- und der Betriebsgesellschaft sowie die Erfüllung der steuerlichen Pflichten für beide Unternehmen (Ermittlung von Anschaffungskosten, jährliche Aufstellung einer zusätzlichen Bilanz und Gewerbesteuererklärung etc.).

Bei Beendigung der Betriebsaufspaltung

Die Betriebsaufspaltung endet, wenn die sachliche oder die personellen Verflechtungen hierfür entfallen. Dies geschieht typischerweise, weil die Besitzgesellschaft die Wirtschaftsgüter nicht mehr an die Betriebsgesellschaft vermietet, sondern diese verkauft, selbst nutzt oder anderweitig überträgt. Das Leben bietet unzählige Wendungen, die zur versehentlichen Beendigung einer Betriebsaufspaltung führen können (Umzug, Scheidung, Erweiterung der geschäftlichen Tätigkeit unter Anmietung andere Büroräume durch die Betriebsgesellschaft) oder aber die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft übertragen werden.

Der steuerrechtliche Buchwert der aktivierten Wirtschaftsgüter kann deutlich unter ihrem aktuellen Marktwert liegen. Die Differenz zwischen dem Buchwert und dem Verkehrswert der Wirtschaftsgüter stellt einen steuerpflichtigen Aufgabegewinn dar. Dieser Gewinn muss in der Regel bei der Besitzgesellschaft versteuert werden, was zu einer erheblichen Steuerlast für den Gesellschafter führen kann. Besonders finanziell belastend wenn kein Veräußerungserlös durch einen Verkauf geflossen ist, sondern eine Überführung in das Privatvermögen stattfindet.

Das passiert doch nicht?

Ein Beispiel für eine schnell entstandene Betriebsaufspaltung ist die Nutzung des Wohnsitzes eines Allein-Gesellschafters als Hauptsitz für seine Beteiligungsgesellschaft / seiner Holdinggesellschaft. Mangels der Notwendigkeit von anderen Geschäftsräumen werden ausschließlich im heimischen Arbeitszimmer Tätigkeiten der Geschäftsleitung ausgeführt. Die Rechtsfolgen einer Betriebsaufspaltung treten laut aktueller Urteilslage wohl in Kraft. Irrelevant dafür ist, ob diese Nutzung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt.

Die Gründung und Führung eines Gewerbebetriebes, dem sogenannten Besitzunternehmen, ist erforderlich. Die Anteile der Beteiligungsgesellschaft/ Holdinggesellschaft, welche zuvor im Privatvermögen gehalten wurden, sind nun dem Betriebsvermögen des Besitzunternehmens zuzurechnen.

Die Holdinggesellschaft verwaltet mit der Zeit immer mehr Beteiligungen, die einen immer größeren administrativen Aufwand verursachen oder aber der Gesellschafter bekommt schlichtweg Nachwuchs und benötigt das Arbeitszimmer als Kinderzimmer. Er beschließt eigene Räumlichkeiten durch die Holding anzumieten. Die Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage durch den Gesellschafter entfällt und damit auch die Betriebsaufspaltung.

Der aktuelle Marktwert der Anteile liegt (eigentlich wünschenswerterweise) zu dem Zeitpunkt weit über dem ursprünglichen Wert zum Zeitpunkt der Einlage in das Besitzunternehmen. Die Differenz führt zu einem Aufgabegewinn, der ohne Geldzufluss vom Gesellschafter zu besteuern ist.

Fazit

Die Nutzung des privaten Wohnsitzes als Firmensitz birgt komplexe steuerrechtliche Herausforderungen. Eine gute Beratung und Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben sind essenziell, um unerwünschte steuerliche Konsequenzen zu vermeiden. Gerne beraten und unterstützen wir Sie in Ihrem Einzelfall, damit Ihnen Ihre private und berufliche Flexibilität am Ende nicht finanziell schadet.

DRAG
CLOSE